- marlies Lüdke
„Der Wald in mir“, so das Thema dieser Ausstellung. Ausgangspunkt ist eigentlich die Umkehrversion, „Ich im Wald“…(will meinen, in der Natur). Einen großen, wenn nicht überwiegenden Teil seines Lebens, hat Gregor im „Wald“, natürlich hier auch Synonym für „Natur“ verbracht und tut es nach wie vor. Den Sommer verbringt er stets mit Kind und Kegel und Hund oberhalb von St. Ullrich auf dem ca. 1500 m hoch gelegenen Hof Pilat, wo sich kleinbäuerliche Arbeit, … Ziegen halten, Wiesen mähen, Holz herrichten, sowie Haus und Hof instand halten, so wunderbar mit künstlerischer Tätigkeit paaren. So sieht es wenigstens für mich als Außenstehende aus. Der Wald ehedem Fundgrube und Quelle der Inspiration wurde dem Lebensumfeld entsprechend nun auch zum Thema künstlerischen Schaffens, „…was soll ich mir da großartig etwas ausdenken,“ sagt er…“da gehe ich doch von dem aus, was ich tue und wo ich bin“…angenehm pragmatisch…
Gregor Prugger setzt sich immer ein Thema, so arbeitet es sich leichter, ein gewisses Ziel im Visier. Zu einengend darf es nicht formuliert sein, der Rahmen muss groß genug sein, so dass sich das Arbeiten entwickeln kann, … aus einem inneren Antrieb geschieht,…sich verselbständigt, … in keinem Falle soll es vom Kopf aus gesteuert sein…Empfindungen sollen ja zum Ausdruck kommen, was man, … zwar nicht ganz direkt, etwas weiter muss man schon denken, … auch an den Titeln der einzelnen Werke ablesen kann. Nach ihnen wird aber erst nach Fertigstellung der Objekte gesucht…Sie sollen Wegweiser für den Betrachter sein, den will er nicht völlig im Leeren stehen lassen.
Gregor Prugger arbeitet nach alter Grödner Tradition mit Holz, auch seinen Lebensmittelpunkt hat er nicht woanders hin verlagert, er ist ein Dableiber und hat auch traditionsgemäß, neben seiner künstlerischen Ausbildung, einen Meisterbrief als Bildhauer im handwerklichen Sinne in der Werkstatt seines Vaters erlangt,… Aber nicht in allem folgt er der Tradition… Von der Darstellung der menschlichen Figur, bzw. der Übermittlung von Stimmungen durch sie, wie es auch wieder einige seiner jüngeren Kollegen tun, hat er sich abgewendet, zumindest mal zurzeit.
Das Material Holz ist für ihn nicht nur Mittel zum Zweck, vielmehr arbeitet er mit ihm in so einer Art Kumpanei, fast partnerschaftlich… er zwingt es nur selten in eine andere Form, belässt Äste, Stämme, Maserungen, … Eingriffe geschehen immer irgendwie, … nennen wir es in Absprache mit dem Material…manches wird nur äußerst vorsichtig geschält, von der Rinde befreit, ausgefurcht, … anderes mit kleinen Holzscharnieren versehen und somit beweglich gemacht,…übrigens ein Verfahren, übernommen von den traditionellen Grödner Puppen, die im 19. Jahrhundert nicht unmaßgeblich zum Überleben des Tales, …bzw. seiner Bewohner, beitrugen, indem sie unter dem irreführenden Namen „Holländer Puppen“, sie wurden ja nur über Holland importiert, den englischen Markt eroberten. Auch die Reliefs, zwar als Tableaus vorgefertigt und danach bearbeitet, wirken wie zu ihren Ursprüngen zurück geführt, allein das Bildformat, bzw. die klar umrissene Form zeigt etwas deutlicher die menschliche Hand. Holz ist für Gregor Prugger nun aber nicht nur das Material, aus dem er seine Werke fertigt, vielmehr symbolisiert es, im besonderen Maße durch sein Zutun, Leben, Bewegung, auch Vergänglichkeit, aber nicht im Sinne von Endlichkeit, sondern von Metamorphose. Das „Tempo“ seiner Werke ist ein eher langsames, aber kontinuierliches, dem Rhythmus eines beruhigenden Herzschlags ähnlich.
Wartet man nicht, dass sich die feinen Gliedmaßen in Bewegung setzen, sich strecken und recken … Arme sich öffnen, Kontakt suchen, um sich dann wieder zum Schutz zu schließen, …Rinnsale anfangen zu fließen… ein Lüftchen sachte durch die Lamellen fährt und Einblicke zulässt, die normalerweise nicht möglich sind, … Wind und Wetter Furchen noch tiefer machen, …Geschwüre platzen und ihre wahre Identität zum Vorschein kommt.
Das ist ein ganz eigener Kosmos, … zum Staunen.
Oder ist das alles auch „der Wald in mir“, das geheimnisvolle Tiefe, Dunkle, in dem man herumirrt, … zum Glück ab und zu auf eine Lichtung trifft.
Beim erneuten Durchlesen dieses Textes…heute,… einen Tag, nachdem das alles aus mir heraus gesprudelt war, habe ich mich schon ein wenig gewundert…ist da die Phantasie komplett mit mir durchgegangen? Falls Sie das auch dachten, beim Zuhören, macht nichts, vergessen Sie einfach alles und verschaffen Sie sich ihre eigenen Eindrücke.
Eines noch zum Schluss, was mir nach meinem letzten Besuch in Gregor Pruggers Werkstatt aufgefallen ist…es gibt eine besondere Nähe, Harmonie zwischen dem Künstler und seinen Werken, es ist schwer zu beschreiben, … vielleicht sind sie aus dem gleichen Holz geschnitzt,…oder sind sie sein Fleisch und Blut?